Zweites Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe

Abgeschlossen in New York
am 15. Dezember 1989
Von der Bundesversammlung ge
nehmigt am 17. Dezember 1993
2
Schweizerische Beitrittsurkunde hi
nterlegt am 16. Juni 1994


In Kraft getreten für die Sc
hweiz am 16. September 1994
(Stand am 13. Juni 2012)
Die Vertragsstaaten dieses Protokolls,
im Vertrauen darauf, dass die Abschaffung der Todesstrafe zur Förderung der Men-
schenwürde und zur fortschreitenden Entwicklung der Menschenrechte beiträgt,
unter Hinweis auf Artikel 3 der am 10. Dezember 1948 angenommenen Allgemei-
nen Erklärung der Menschenrechte und auf Artikel 6 des am 16. Dezember 1966
3
angenommenen Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte,
in Anbetracht dessen, dass Artikel 6 des Internationalen Paktes über bürgerliche und
politische Rechte auf die Abschaffung der Todesstrafe in einer Weise Bezug nimmt,
die eindeutig zu verstehen gibt, dass die Abschaffung wünschenswert ist,
überzeugt, dass alle Massnahmen zur Abschaffung der Todesstrafe im Hinblick auf
die Wahrung des Rechtes auf Leben einen Fortschritt bedeuten,
in dem Wunsch, hiermit eine internationale Verpflichtung zur Abschaffung der
Todesstrafe einzugehen,
haben folgendes vereinbart:


Art. 1:

1. Niemand, der der Hoheitsgewalt eines Vertragsstaats dieses Fakultativprotokolls
untersteht, darf hingerichtet werden.
2. Jeder Vertragsstaat ergreift alle erforderlichen Massnahmen, um die Todesstrafe
in seinem Hoheitsbereich abzuschaffen.
AS
1994
2202; BBl
1993
I 995
1
Der französische Original
text findet sich unter der
gleichen Nummer in der
entsprechenden Ausgab
e dieser Sammlung.
2
AS
1994
2201
3
SR
0.103.2
0.103.22
Menschenrechte un
d Grundfreiheiten
2
0.103.22


Art. 2:

1. Vorbehalte zu diesem Protokoll sind nicht zulässig, ausgenommen ein im Zeit-
punkt der Ratifikation oder des Beitritts angebrachter Vorbehalt, der die Anwendung
der Todesstrafe in Kriegszeiten aufgrund einer Verurteilung wegen eines in Kriegs-
zeiten begangenen besonders schweren Verbrechens militärischer Art vorsieht.
2. Ein Vertragsstaat, der einen solchen Vo
rbehalt anbringt, wird dem Generalsekre-
tär der Vereinten Nationen im Zeitpunkt der Ratifikation oder des Beitritts die in
Kriegszeiten anzuwendenden einschlägigen Bestimmungen seiner innerstaatlichen
Rechtsvorschriften mitteilen.
3. Ein Vertragsstaat, der einen solchen Vorbehalt angebracht hat, wird dem Gene-
ralsekretär der Vereinten Nationen Beginn und Ende eines für sein Hoheitsgebiet
geltenden Kriegszustand notifizieren.


Art. 3:

Die Vertragsstaaten dieses Protokolls nehmen in die Berichte, die sie nach Artikel
40 des Paktes dem Anschluss für Menschenrecht vorlegen, Angaben über die von
ihnen zur Verwirklichung dieses Protokolls getroffenen Massnahmen auf.


Art. 4:

Für die Vertragsstaaten des Paktes, die ei
ne Erklärung nach Artikel 41 abgegeben
haben, erstreckt sich die Zuständigkeit des Ausschusses für Menschenrechte zur
Entgegennahme und Prüfung von Mitteilungen, in denen ein Vertragsstaat geltend
macht, ein anderer Vertragsstaat komme seinen Verpflichtungen nicht nach, auf
dieses Protokoll, sofern nicht der betreffende Vertragsstaat im Zeitpunkt der Ratifi-
kation oder des Beitritts eine gegenteilige Erklärung abgegeben hat.


Art. 5:

Für die Vertragsstaaten des am 16. De
zember 1966 angenommenen (Ersten) Fakul-
tativprotokolls zu dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte
erstreckt sich die Zuständigkeit des Ausschusses für Menschenrechte zur Entgegen-
nahme und Prüfung von Mitteilungen ihrer Hoheitsgewalt unterstehender Personen
auf dieses Protokoll, sofern nicht der betreffende Vertragsstaat im Zeitpunkt der
Ratifikation oder des Beitritts eine ge
genteilige Erklärung abgegeben hat.


Art. 6:

1. Die Bestimmungen dieses Protokolls werden als Zusatzbestimmungen zu dem
Pakt angewendet.
2. Unbeschadet der Möglichkeit eines Vorbehalts nach Artikel 2 dieses Protokolls
darf das in Artikel 1 Absatz 1 des Protokolls gewährleistete Recht nicht nach Arti-
kel 4 des Paktes ausser Kraft gesetzt werden.
Abschaffung der Todesstrafe
3
0.103.22


Art. 7:

1. Dieses Protokoll liegt für jeden Staat, der den Pakt unterzeichnet hat, zur Unter-
zeichnung auf.
2. Dieses Protokoll bedarf der Ratifika
tion, die von allen Staaten vorgenommen
werden kann, die den Pakt ratifiziert haben oder ihm beigetreten sind. Die Ratifika-
tionsurkunden werden beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen hinterlegt.
3. Dieses Protokoll steht jedem Staat, der den Pakt ratifiziert hat oder ihm beigetre-
ten ist, zum Beitritt offen.
4. Der Beitritt erfolgt durch Hinterleg
ung einer Beitrittsurkunde beim Generalsek-
retär der Vereinten Nationen.
5. Der Generalsekretär der Vereinten Nati
onen unterrichtet alle Staaten, die dieses
Protokoll unterzeichnet haben oder ihm be
igetreten sind, von der Hinterlegung jeder
Ratifikations- oder Beitrittsurkunde.


Art. 8:

1. Dieses Protokoll tritt drei Monate n
ach Hinterlegung der zehnten Ratifikations-
oder Beitrittsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen in Kraft.
2. Für jeden Staat, der nach Hinterlegung
der zehnten Ratifikations- oder Beitritts-
urkunde dieses Protokoll ratifiziert oder ihm
beitritt, tritt es drei Monate nach Hin-
terlegung seiner eigenen Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.


Art. 9:

Die Bestimmungen dieses Protokolls gelten ohne Einschränkung oder Ausnahme für
alle Teile eines Bundesstaates.


Art. 10:

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen unterrichtet alle in Artikel 48 Absatz 1
des Paktes bezeichneten Staaten:
a) von Vorbehalten, Mitteilungen und Notifikationen nach Artikel 2 dieses Pro-
tokolls;
b) von Erklärungen nach Artikel 4 oder 5 dieses Protokolls;
c) von Unterzeichnungen, Ratifikationen und Beitritten nach Artikel 7 dieses
Protokolls;
d) vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach seinem Artikel 8.
Menschenrechte un
d Grundfreiheiten
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0.103.22


Art. 11:

1. Dieses Protokoll, dessen arabischer, chinesischer, englischer, französischer,
russischer und spanischer Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, wird im Archiv
der Vereinten Nationen hinterlegt.
2. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen übernimmt allen in Artikel 48 des
Paktes bezeichneten Staaten beglaubigte Abschriften dieses Protokolls.