Dieses Übereinkommen ist am 19. Februar 1961 in Kraft getreten.
Ort:Genf
Tagung:41
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 29. April 1958 zu ihrer einundvierzigsten Tagung zusammengetreten ist,hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die gegenseitige oder internationale Anerkennung von staatlichen Personalausweisen für Seeleute, eine Frage, die den siebenten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, unddabei bestimmt, daß diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.
Die Konferenz nimmt heute, am 13. Mai 1958, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über Personalausweise für Seeleute, 1958, bezeichnet wird.
Artikel 1
1. Dieses Übereinkommen gilt für jeden Seemann, der in irgendeiner Eigenschaft an Bord eines Schiffes beschäftigt ist, sofern das Schiff kein Kriegsschiff ist, regelmäßig in der Seeschiffahrt verwendet wird und in einem Gebiet eingetragen ist, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist.
2. Im Zweifelsfalle hat die zuständige Stelle jedes Landes nach Anhörung der beteiligten Verbände der Reeder und der Seeleute zu entscheiden, ob bestimmte Personengruppen als Seeleute im Sinne dieses Übereinkommens anzusehen sind oder nicht.
Artikel 2
1. Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, hat jedem seiner Staatsangehörigen, der Seemann ist, auf dessen Antrag einen Personalausweis für Seeleute nach den Bestimmungen von Artikel 4 dieses Übereinkommens auszustellen. Falls jedoch die Ausstellung eines solchen Ausweises an bestimmte Gruppen von Seeleuten nicht möglich ist, kann das betreffende Mitglied statt dessen einen Paß ausstellen, der für die Zwecke dieses Übereinkommens die gleiche Wirkung besitzt wie der Personalausweis für Seeleute.
2. Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, kann jedem anderen Seemann, der an Bord eines in seinem Gebiet eingetragenen Schiffes beschäftigt oder bei einer Heuerstelle in seinem Gebiet gemeldet ist, auf dessen Antrag einen Personalausweis für Seeleute ausstellen.
Artikel 3
Der Personalausweis für Seeleute hat ständig im Besitz des Seemannes zu verbleiben.
Artikel 4
1. Der Personalausweis für Seeleute muß einfach gestaltet, aus dauerhaftem Material hergestellt und so beschaffen sein, daß jede Änderung leicht ersichtlich ist.
2. Der Personalausweis für Seeleute hat die genaue Bezeichnung der ausstellenden Behörde, die Angabe von Tag und Ort der Ausstellung sowie den Vermerk zu enthalten, daß er einen Personalausweis für Seeleute im Sinne dieses Übereinkommens darstellt.
3. Der Personalausweis für Seeleute hat die folgenden Angaben über den Inhaber des Ausweises zu enthalten:
a) Voller Name (gegebenenfalls Vor- und Familiennamen);
b) Geburtsdatum und -ort;
c) Staatsangehörigkeit;
d) Personenbeschreibung;
e) Lichtbild;
f) Unterschrift des Inhabers oder, falls dieser nicht unterschreiben kann, einen Daumenabdruck.
4. Stellt ein Mitglied einem ausländischen Seemann einen Personalausweis aus, so sind Angaben über die Staatsangehörigkeit nicht erforderlich; solche Angaben bilden keinen schlüssigen Beweis der Staatsangehörigkeit des Ausweisinhabers.
5. Eine etwaige Begrenzung der Gültigkeitsdauer ist im Personalausweis für Seeleute eindeutig zu vermerken.
6. Unter Vorbehalt der Bestimmungen der vorstehenden Absätze sind Form und Inhalt des Personalausweises für Seeleute im einzelnen von dem ausstellenden Mitglied nach Anhörung der beteiligten Verbände der Reeder und der Seeleute zu bestimmen.
7. Die innerstaatliche Gesetzgebung kann die Aufnahme weiterer Angaben in den Personalausweis für Seeleute vorschreiben.
Artikel 5
1. Jedem Seemann, der einen gültigen, von der zuständigen Stelle eines Gebietes, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, ausgestellten Personalausweis für Seeleute besitzt, ist die Wiedereinreise in dieses Gebiet zu gestatten.
2. Die Wiedereinreise ist dem Seemann auch noch innerhalb eines Zeitraumes von mindestens einem Jahr nach Ablauf der in seinem Ausweis vermerkten Gültigkeitsdauer zu gestatten.
Artikel 6
1. Jedes Mitglied hat einem Seemann, der im Besitz eines gültigen Personalausweises für Seeleute ist, die Einreise in ein Gebiet, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, zu gestatten, wenn diese Einreise für einen befristeten Urlaub an Land während des Aufenthaltes des Schiffes im Hafen beantragt wird.
2. Ist im Personalausweis für Seeleute Raum für entsprechende Eintragungen freigelassen, so hat jedes Mitglied einem Seemann, der im Besitz eines gültigen Personalausweises für Seeleute ist, ferner die Einreise in ein Gebiet, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, zu gestatten, wenn der Seemann die Einreise beantragt,
a) um sich an Bord seines Schiffes zu begeben oder das Schiff zu wechseln;
b) zur Durchreise, um sich in einem anderen Land an Bord seines Schiffes zu begeben, oder zur Heimkehr;
c) zu jedem anderen von den Behörden des betreffenden Mitgliedes genehmigten Zweck.
3. Jedes Mitglied kann, bevor es dem Seemann die Einreise in sein Gebiet zu einem der im vorstehenden Absatz bezeichneten Zwecke gestattet, von dem Seemann, von dem beteiligten Reeder oder Agenten oder von dem zuständigen Konsul einen ausreichenden, gegebenenfalls schriftlichen Nachweis über die Absicht des Seemannes und die Möglichkeit, seine Absicht auszuführen, verlangen. Es kann außerdem den Aufenthalt des Seemannes auf eine Zeitspanne beschränken, die es für den Zweck des Aufenthaltes als ausreichend erachtet.
4. Keine Bestimmung dieses Artikels darf so ausgelegt werden, als würde dadurch das Recht eines Mitglieds beschränkt, bestimmten Personen die Einreise in sein Gebiet oder den Aufenthalt in seinem Gebiet zu untersagen.
Artikel 7
Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.
Artikel 8
1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.
2. Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.
3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.
Artikel 9
1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.
2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Maßgabe dieses Artikels kündigen.
Artikel 10
1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.
2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.
Artikel 11
Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Maßgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.
Artikel 12
Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.
Artikel 13
1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen:
a) Die Ratifikation des neugefaßten Übereinkommens durch ein Mitglied schließt ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel 9, vorausgesetzt, daß das neugefaßte Übereinkommen in Kraft getreten ist.
b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefaßten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.
2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefaßte Übereinkommen ratifiziert haben.
Artikel 14
Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise maßgebend.