Die Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Übereinkommen unterzeichnen,von der Erwägung geleitet, daß es wünschenswert ist, gemeinsame Bestimmungen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen, insbesondere in modernen Intensivhaltungssystemen, anzunehmen,sind wie folgt übereingekommen:
Kapitel I – Allgemeine Grundsätze Artikel 1
Dieses Übereinkommen bezieht sich auf die Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren, insbesondere von Tieren in modernen Intensivhaltungssystemen. „Tiere“ im Sinne dieses Übereinkommens sind Tiere, die zur Erzeugung von Nahrungsmitteln, Wolle, Häuten oder Fellen oder zu anderen landwirtschaftlichen Zwecken gezüchtet oder gehalten werden, und „moderne Intensivhaltungssysteme“ im Sinne dieses Übereinkommens sind Systeme, in denen überwiegend technische Einrichtungen verwendet werden, die vornehmlich automatisch betrieben werden.
Artikel 2
Jede Vertragspartei wendet die in den Artikeln 3 bis 7 niedergelegten Grundsätze des Tierschutzes an.
Artikel 3
Jedes Tier muß unter Berücksichtigung seiner Art und seiner Entwicklungs-, Anpassungs- und Domestikationsstufe entsprechend seinen physiologischen und ethologischen Bedürfnissen nach feststehenden Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen untergebracht, ernährt und gepflegt werden.
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(*) Der Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft in Kraft am 1. Dezember 2009 in Kraft. Als Konsequenz ab diesem Zeitpunkt gilt jede Bezugnahme auf die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft die Europäische Union zu lesen.
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Artikel 4
1 Das artgemäße und durch feststehende Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse belegte Bewegungsbedürfnis eines Tieres darf nicht so eingeschränkt werden, daß dem Tier vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden.
2 Ist ein Tier dauernd oder regelmäßig angebunden, angekettet oder eingesperrt, so ist ihm der seinen physiologischen und ethologischen Bedürfnissen gemäße und den feststehenden Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechende Raum zu gewähren.
Artikel 5
Beleuchtung, Temperatur, Feuchtigkeit, Luftzirkulation, Belüftung und andere Umweltbedingungen wie Gaskonzentration oder Lärmintensität am Unterbringungsplatz eines Tieres müssen – unter Berücksichtigung seiner Art und seiner Entwicklungs-, Anpassungs- und Domestikationsstufe – seinen physiologischen und ethologischen Bedürfnissen gemäß den feststehenden Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.
Artikel 6
Ein Tier darf nicht so ernährt werden, daß ihm vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, und die Nahrung darf keine Stoffe enthalten, die vermeidbare Leiden oder Schäden verursachen.
Artikel 7
1 Befinden und Gesundheitszustand der Tiere sind in ausreichenden Zeitabständen gründlich zu prüfen, um ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen, d. h. bei Tieren in modernen Intensivhaltungssystemen mindestens einmal täglich.
2 Die technischen Einrichtungen moderner Intensivhaltungssysteme sind mindestens einmal täglich gründlich zu prüfen; jeder festgestellte Mangel ist möglichst unverzüglich zu beheben. Kann ein Mangel nicht sogleich behoben werden, so sind umgehend die zur Wahrung des Wohlbefindens der Tiere notwendigen vorläufigen Maßnahmen zu treffen.
Kapitel II – Ausführliche Bestimmungen für die Durchführung Artikel 8
1 Innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens wird ein Ständiger Ausschuß eingesetzt.
2 Jede Vertragspartei hat das Recht, einen Vertreter für diesen Ausschuß zu benennen. Jeder Mitgliedstaat des Europarats, der nicht Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, hat das Recht, sich durch einen Beobachter im Ausschuß vertreten zu lassen.
3 Der Generalsekretär des Europarats beruft den Ständigen Ausschuß ein, sobald er es für notwendig hält und immer dann, wenn die Mehrheit der Vertreter der Vertragsparteien oder der Vertreter der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als Vertragspartei die Einberufung beantragt.
4 Der Ständige Ausschuß ist beschlußfähig, wenn die Mehrheit der Vertreter der Vertragsparteien auf einer Sitzung anwesend ist.
5 Der Ständige Ausschuß faßt seine Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen; dagegen ist Einstimmigkeit der abgegebenen Stimmen erforderlich für:
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a die Annahme von Empfehlungen nach Artikel 9 Absatz 1;
b Beschlüsse über die Zulassung von Beobachtern mit Ausnahme der in Absatz 2 genannten;
c die Annahme des in Artikel 13 genannten Berichts; dieser Bericht kann gegebenenfalls abweichende Meinungen enthalten.
6 Vorbehaltlich dieses Übereinkommens gibt sich der Ständige Ausschuß eine Geschäftsordnung.
Artikel 9
1 Dem Ständigen Ausschuß obliegen die Ausarbeitung und Annahme von Empfehlungen an die Vertragsparteien, die ins einzelne gehende Bestimmungen für die Anwendung der in Kapitel I niedergelegten Grundsätze enthalten; diese Bestimmungen müssen sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse über die einzelnen Tierarten stützen.
2 Zwecks Erfüllung seiner in Absatz 1 genannten Aufgaben verfolgt der Ständige Ausschuß die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschung und neuer Tierhaltungsverfahren.
3 Jede Empfehlung wird als solche sechs Monate nach ihrer Annahme durch den Ständigen Ausschuß wirksam, sofern dieser nicht eine längere Frist festsetzt. Nach dem Wirksamwerden einer Empfehlung muß jede Vertragspartei sie entweder anwenden oder dem Ständigen Ausschuß durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation mitteilen, aus welchen Gründen sie nicht oder nicht mehr in der Lage ist, die Empfehlung anzuwenden.
4 Haben zwei oder mehr Vertragsparteien oder die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft als Vertragspartei nach Absatz 3 ihre Entscheidung notifiziert, eine Empfehlung nicht oder nicht mehr anzuwenden, so wird die Empfehlung unwirksam.
Artikel 10
Der Ständige Ausschuß erleichtert erforderlichenfalls die gütliche Beilegung von Schwierigkeiten, die sich zwischen den Vertragsparteien aus der Durchführung dieses Übereinkommens ergeben könnten.
Artikel 11
Der Ständige Ausschuß kann auf Ersuchen einer Vertragspartei ein Gutachten zu jeder Frage des Tierschutzes erstatten.
Artikel 12
Jede Vertragspartei kann einzelne oder mehrere Gremien benennen, die der Ständige Ausschuß zur Unterstützung seiner Arbeit um Auskünfte und Ratschläge ersuchen kann. Die Vertragsparteien teilen dem Generalsekretär des Europarats Namen und Anschrift dieser Gremien mit.
Artikel 13
Der Ständige Ausschuß unterbreitet dem Ministerkomitee des Europarats drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens und danach alle drei Jahre einen Bericht über seine Tätigkeit und über die Wirkungsweise des Übereinkommens, wobei er, falls er es für erforderlich hält, Vorschläge zur Änderung des Übereinkommens beifügt.
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Kapitel III – Schlußbestimmungen Artikel 14
1 Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
2 Dieses Übereinkommen tritt sechs Monate nach Hinterlegung der vierten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde durch einen Mitgliedstaat des Europarats in Kraft.
3 Für jede Unterzeichnerpartei, die das Übereinkommen nach dem in Absatz 2 genannten Zeitpunkt ratifiziert, annimmt oder genehmigt, tritt es sechs Monate nach Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft.
Artikel 15
1 Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats zu den ihm geeignet erscheinenden Bedingungen jeden Nichtmitgliedstaat einladen, dem Übereinkommen beizutreten.
2 Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats; die Urkunde wird sechs Monate nach ihrer Hinterlegung wirksam.
Artikel 16
1 Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
2 Jede Vertragspartei kann bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung dieses Übereinkommen auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken, dessen internationale Beziehungen sie wahrnimmt oder für das sie Vereinbarungen treffen kann.
3 Jede nach Absatz 2 abgegebene Erklärung kann in bezug auf jedes darin genannte Hoheitsgebiet nach Maßgabe des Artikels 17 zurückgenommen werden.
Artikel 17
1 Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation für sich kündigen.
2 Die Kündigung wird sechs Monate nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam.
Artikel 18
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates und jeder Vertragspartei, die nicht Mitglied des Rates ist:
a jede Unterzeichnung;
b jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
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c jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach seinen Artikeln 14 und 15;
d jede Empfehlung nach Artikel 9 Absatz 1 und den Zeitpunkt, zu dem sie wirksam wird;
e jede nach Artikel 9 Absatz 3 eingegangene Notifikation;
f jede nach Artikel 12 eingegangene Mitteilung;
g jede nach Artikel 16 Absätze 2 und 3 eingegangene Erklärung;
h jede nach Artikel 17 eingegangene Notifikation und den Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam wird.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu Straßburg am 10. März 1976 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Unterzeichnerparteien und allen beitretenden Parteien beglaubigte Abschriften.