Beim Vergleich der in Artikel 14 der UN-Kinderrechtskonvention garantierten Religionsfreiheit mit den in Art. 18 des UN-Zivilpakt gegebenen Parallelgarantien ergibt sich ein bedeutender Unterschied:
Artikel 14 der UN-Kinderrechtskonvention enthält keine dem Artikel 18 Abs. 4 des UN-Zivilpaktes entsprechende Bestimmung, wonach die Paktstaaten verpflichtet sind, die Freiheit der Eltern zu achten, die religiöse und sittliche Erziehung ihrer Kinder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen sicherzustellen. Dieser Unterschied hängt mit der im Übereinkommen über die Rechte des Kindes insgesamt verfolgten Linie zusammen, Rechte der Eltern in einer die Rechte des Kindes betreffenden Konvention nicht zu regeln.
Statt dessen erlegt Artikel 14 Abs. 2 der UN-Kinderrechtskonvention den Eltern eine dem Artikel 5 der Kinderrechtskonvention entsprechende Verpflichtung auf. Beide Regelungen sind nebeneinander sinnvoll und anwendbar:
- Solange das Kind sich in Fragen der Religion keine eigene Meinung bilden kann, entscheiden die Eltern (oder die sonstigen personensorgeberechtigten Personen) über die religiöse Erziehung des Kindes nach ihren Vorstellungen (Artikel 18 Abs. 4 des UN-Zivilpaktes).
- Bei älteren Kindern, die sich eine eigene religiöse Meinung bilden, müssen Eltern und sonstige Personensorgeberechtigte diese Meinung berücksichtigen (Artikel 14 Abs. 2 der UN-Kinderrechtskonvention).
- Artikel 14
(1) Die Vertragsstaaten achten das Recht des Kindes auf … Religionsfreiheit.(2) Die Vertragsstaaten achten die Rechte und Pflichten der Eltern und gegebenenfalls des Vormunds, das Kind bei der Ausübung dieses Rechts in einer seiner Entwicklung entsprechenden Weise zu leiten.(3) Die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekunden, darf nur den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit oder Sittlichkeit oder der Grundrechte und ‑freiheiten anderer erforderlich sind.
Innerstaatlich ist das Problem in Deutschland durch das Gesetz über die religiöse Kindererziehung vom 15. Juli 1921 wie folgt gelöst: Nach Vollendung seines zwölften Lebensjahres kann ein Kind gegen seinen Willen nicht mehr in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden; nach Vollendung des 14. Lebensjahres steht ihm selbst die Entscheidung darüber zu, welchem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis es sich anschließen will. Im übrigen ist innerstaatlich die Glaubens- und Gewissensfreiheit durch Artikel 4 GG als Grundrecht gewährleistet. Dies entspricht den von Artikel 14 der UN-Kinderrechtskonvention gestellten Anforderungen.