BRIEF EINER IRANERIN BERÜHRT DIE BESUCHER

„Irans Herz schlägt!“: Mit der am Donnerstag eröffneten Ausstellung im Pauluskirchenzentrum will die Amnesty International auf das Schicksal von iranischen Frauenrechtlerinnen aufmerksam machen. BURGDORF. „Ich brauche das Licht. Hier ist das Leben dunkel und schwer … In all den Jahren hat nur deine Liebe mich gerettet und aufrecht gehalten.“ Beim Vorlesen dieser Zeilen standen Pastorin Annette Charbonnier die Tränen in den Augen.

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Geschrieben hat sie eine der in der Ausstellung vorgestellten Frauen, die 32-jährige Frauenrechtsaktivistin Bahareh Hedayat. Die berührenden Sätze sind der Schluss eines Briefes, den Hedayat im Teheraner Evin-Gefängnis an ihren Mann verfasst hat. Weil die 32-Jährige sich gegen die Diskriminierung von Frauen engagierte, wurde sie Ende 2009 verhaftet und nach 81 Tagen Einzelhaft und einem grauenvollen Verhörprozess zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt.

Die Bedingungen in dem berüchtigten Gefängnis sind hart: Erst nach 13 Monaten durfte die junge Frau ihre Eltern für eine halbe Stunde sehen. Trotz ernster gesundheitlicher Probleme erhält sie derzeit keine angemessene Versorgung. Dass der Iran neben seiner faszinierenden Kultur und seinen kulinarischen Reizen auch ein grausames Gesicht hat, hat Professor Otto Ludwig kürzlich bei einer Reise erlebt: „Der Iran ist ein Polizeistaat. Unser Bus musste sich alle 50 Kilometer melden. Dass die Reiseleiterinnen vorne saßen, wurde nicht gern gesehen“, berichtete er bei der Ausstellungseröffnung. Eine Änderung dieser Zustände erhofft Ludwig sich von gebildeten Frauen und islamischen Rechtsgelehrten.

Vor allem aber von den Jugendlichen, die er als sehr aufgeschlossen erlebte: „Das ist die Generation, die das Land verändern wird!“ Pastor Matthias Paul mahnte die Besucher angesichts der iranischen Verhältnisse. „Auch wir Christen sind anfällig für Fundamentalismus. Wir sollten auf uns selbst schauen und nicht andere wegen vermeintlich falschen Glaubens verurteilen.“ Mit der Sprecherin der Amnesty-International-Gruppe Region Hannover-Nord, Erika Büchse (76), sprach Anzeiger-Mitarbeiterin Sandra Köhler über die Ausstellung und die Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen, die wegen ihrer politischen Gesinnung im Gefängnis sitzen.

Warum präsentieren Sie ausgerechnet eine Ausstellung über politisch Verfolgte aus dem Iran hier in Burgdorf? Wir setzen uns schon seit Jahren gemeinsam mit anderen Amnesty-Gruppen für den iranischen Kleriker Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdi ein. Er wurde 2007 zu elf Jahren Haft verurteilt, weil er die Trennung von Religion und Staat befürwortet. Wegen dieses persönlichen Bezuges hat uns die in Irland konzipierte Ausstellung sehr angesprochen. Sich mit ihr auseinanderzusetzen weckt die Lust, mehr von diesem Land zu erfahren. Gibt es Berührungspunkte oder Parallelen zwischen den hier dokumentierten Frauenschicksalen und dem von Sayed Boroujerdi? Zwar ist Boroujerdi ein Mann. Aber die wesentliche Parallele ist, dass er sich ebenso wie alle dargestellten Frauen völlig gewaltlos engagiert hat und trotzdem gefangen gehalten wird. Was können Menschen aus Deutschland und speziell Burgdorf tun, um

politisch Verfolgte zu unterstützen? Sie können Petitionen unterschreiben. Diese leiten wir an den iranischen Ministerpräsidenten und den iranischen Botschafter in Berlin weiter. Alle zwei bis vier Wochen stellen wir in Paulus und anderen Gemeinden zudem im Gottesdienst weitere Fälle vor, für die wir uns engagieren. Petitionen haben großen Einfluss, zumal wenn sie aus

mehreren Ländern kommen: Amnesty International zufolge kann so beispielsweise mindestens ein Drittel der Todesurteile ausgesetzt oder in andere Strafen umgewandelt werden.

Von Sandra Köhler